Ein Gespräch mit Hanspeter Eisendle

Ein Gespräch mit Hanspeter Eisendle
Rock, Snow & (ice)endle – so begrüßt unser heutiger Gesprächspartner die Besucher auf seiner Webseite. Der Südtiroler Hanspeter Eisendle ist ein langjähriger Freund und treuer Stammgast der Locanda Mistral. Hanspeter ist seit knapp 40 (!!!) Jahren Bergführer und unter anderem, einer der besten Dolomitenkletterer mit zahlreichen Erstbegehungen.

Rock, Snow & (ice)endle – so begrüßt unser heutiger Gesprächspartner die Besucher auf seiner Webseite. Der Südtiroler Hanspeter Eisendle ist ein langjähriger Freund und treuer Stammgast der Locanda Mistral. Hanspeter ist seit knapp 40 (!!!) Jahren Bergführer und unter anderem, einer der besten Dolomitenkletterer mit zahlreichen Erstbegehungen.

Deswegen freut es uns umso mehr, dass wir heute mit diesem erfahrenen Alpinisten ein Gespräch über seinen Beruf, die Liebe zu den Bergen und natürlich auch, über die Valle Maira führen dürfen.

Danke Hanspeter, dass du dir die Zeit für dieses Gespräch nimmst. Als erstes müssen wir natürlich über fast 40 Jahre Erfahrung als Bergführer sprechen. Wie kamst du nach deiner Ausbildung zum Kunsterzieher zu diesem Beruf? Und wenn du zurück denkst, was hat sich deiner Meinung nach am meisten im Bergsport, in deinem Beruf geändert?
Ich hatte das Glück in einer Zeit und in einem Land/Erdteil geboren zu werden, in denen man seinen Interessen folgen durfte. Diese galten der bildenden Kunst genauso wie den Bergen. Letztere haben sich offensichtlich durchgesetzt und so praktiziere ich seit geraumer Zeit die Kunst des Überlebens.

Am meisten geändert hat sich, dass das Bergsteigen in meinen Anfängen gesellschaftlich eher „out“ war und jetzt total „in“ ist, was sich unter anderem im Begriff „Bergsport“ widerspiegelt. Natürlich hat das auch eine positive Auswirkung auf unseren Bergführer-Beruf. Aber inhaltlich hat sich für mich privat wie beruflich gar nichts geändert: Die Berge sind ein immenser Erfahrungs- und Rückzugsraum.

Du warst einer der ersten Südtiroler, welcher die Valle Maira entdeckt hat. Kannst du dich noch erinnern, wann und wie du dieses urige Alpental entdeckt hast? Und an was kannst du dich von deinem ersten Besuch / deinen ersten Besuchen noch erinnern?
Gesehen habe ich die Valle Maira zum 1. Mal von oben, von der Rocca Marchisia, die ich vom Valle Varaita aus erreichte. Sofort war mir das skialpinistische Potential dieses Landstriches bewusst. Logistische Informationen erhielt ich von den „üblichen Verdächtigen“ unter den Südtiroler Bergführer-Kollegen und von Nino Perino, dem damals einzigen „local guide“. Der erste einwöchige Besuch 1999 war dann ein echter Aha-Moment!

Es ist ja bekanntlich nicht bei diesem ersten Besuch geblieben. Hast du eine Idee, wie oft du insgesamt schon in der Valle Maira warst? Was sind die Hauptgründe, dass du immer wieder zurück kommst?
Über den Daumen gepeilt war ich seither hauptsächlich im Winter, aber auch im Frühling und im Herbst, oft mehrmals jährlich und auch mit der Familie an die 35 Mal in der „Valle“. Neben der Vielfalt der alpinistischen und gastronomischen Möglichkeiten, ist der Grund dafür wohl jedes Mal das Gefühl „heim zu kommen“, wenn ich die ersten Kurven taleinwärts nehme.

Auf deiner Webseite gibst du uns einen kurzen Einblick in deine Sichtweise des letzten Jahres und wie COVID-19 uns wohl die beste Skitourensaison seit Jahrzehnten „vermiest“ hat. Ich kenne dich als kritischen Denker und wir haben oft über die Entwicklung des Bergsports gesprochen: welche Erkenntnisse für die Zukunft hast du aus dem vergangenen Jahr mitgenommen?
Vielleicht ist es noch zu früh, um fundierte Erkenntnisse aus dieser Pandemie zu ziehen, werden wir doch noch immer vor ihr hergetrieben. Aber eine Ahnung bestätigt ein Lebensgefühl, das mich seit jeher begleitet: Die Rahmenbedingungen können mein Leben erschweren oder erleichtern, aber gestalten muss ich es immer selbst! Dazu fällt mir eine Inschrift auf dem Hotel Elephant in Brixen ein, die sich auf den legendären, seiner Heimat beraubten Elefanten bezieht: „Kann er nicht, wie er will, will er, wie er kann.“

Aufbauend auf die vorhergehende Frage: eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise ist für uns in der Locanda Mistral Priorität. Wie siehst du den Status Quo diesbezüglich der Alpentäler? Und was würdest du der Destination Valle Maira ans Herz legen / empfehlen?
Die Locanda Mistral macht seit Beginn an genau das, was meiner Meinung nach in Zukunft noch mehr Bestand haben wird! Die uralten Dörfer der „Valle“ legen durch ihre Verschachtelung Zeugnis davon ab, dass alpines Überleben nur durch Zusammenarbeit möglich war und weniger durch Konkurrenz. Nach der Phase des Wohlstandes durch Abwanderung ist jetzt durch das Zusammenspiel von Landwirtschaft, Tourismus und lokalem Handel ein hochwertiges Leben im Tal wieder möglich. Das eine ist die weithin berühmte Piemonteser Kochkunst, das andere, nicht weniger bedeutende, ist die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Betriebe und die räumlich nahe Produktion jener Rohstoffe für die Küche, ohne die ehrliche Qualität nicht zu halten wäre.

Unsere abschließende Frage: gibt es etwas, was wir dich vergessen haben zu fragen? Was möchtest du unseren Leser*innen noch mit auf dem Weg geben?

Jeder macht im Leben seine eigenen Erfahrungen. Meine Erkenntnis daraus ist, dass für ein offeneres Weltbild reisen zwar wichtig ist, aber dass man für ungefiltertes Bergleben nicht unbedingt nach Pakistan, Nepal oder Patagonien muss. Der „Shangri La“ liegt in jedem halbwegs normalen Alpental vor unseren Augen. Dies gilt im Besonderen für die Valle Maira.

 

Über Hanspeter Eisendle: geb. 1956 in Sterzing, Ausbildung zum Kunsterzieher, seit 1982 Bergführer, Teilnahme an mehreren Himalaja-Expeditionen, einer der besten Dolomitenkletterer mit zahlreichen Erstbegehungen, Sportkletterrouten bis zum 10. Schwierigkeitsgrad. Extreme Klettereien in aller Welt, wobei das Erleben der eigenen Exponiertheit weit vor dem Leistungserlebnis steht. Lebt mit seiner Familie in Sterzing.

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